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Strafzumessung bei der Insolvenzverschleppung


In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie der aktuellen Corona-Pandemie mit seinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einschränkungen dienen schwierige unternehmerische Handlungen nicht nur wirtschaftlich Weichenstellungen im Unternehmen, sondern können auch strafrechtlich relevant werden. Es besteht trotz der vorübergehenden Lockerungen bei der Insolvenzantragsstellung die Gefahr, dass der Versuch der Unternehmensrettung eine Insolvenzverschleppung nach § 15 a Abs. 4 InsO darstellt.

Strafverfolgungsbehörden wie die Staatsanwaltschaften aber auch die Gerichte sind in der Regel kaum mit der Praxis der unternehmerischen Tätigkeit und mit den damit verbundenen wirtschaftlichen Weichenstellungen im Unternehmen vertraut. Dies führt oftmals dazu, dass eine verzweifelte, aber letztendlich gutgemeinte Handlung bzw. verzögerte Insolvenzanmeldung zu einer Bestrafung des Unternehmers führen kann. Grundsätzlich kann eine Insolvenzverschleppung nach § 15 a Abs. 4 InsO mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Die tatsächliche Höhe der Strafe hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab. Wird etwa ein Unternehmen extra künstlich am Leben gehalten, um Vermögenswerte in Sicherheit zu bringen oder noch Warenlieferungen unbezahlt entgegennehmen zu können. Oder wird bewusst oder fahrlässig das Risiko und die Zahlungsunfähigkeit unterschätzt und zu lange auf den wirtschaftlichen Durchbruch oder die Erholung des Unternehmens gehofft. Diese Fälle sind unterschiedlich zu behandeln, da die Intention der Handeln Täters jeweils eine andere ist.

Die Umstände, welche im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen sind werden in § 46 StGB aufgeführt. Dort heißt es:

§ 46 Grundsätze der Strafzumessung

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende,

die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,

das Maß der Pflichtwidrigkeit,

die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,

das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie

sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

In der strafrechtlichen Praxis sind für die Strafzumessung die folgenden Umstände besonders wichtig:

  • War die Insolvenz und die damit verbundene Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens erkennbar und wenn ja wann.

  • Wurde die Schieflage des Unternehmens bewusst zur persönlichen Bereicherung ausgenutzt oder wurde zum vermeintlichen Wohl und Überleben des Unternehmens gehandelt und versucht diese, wenn auch objektiv erfolglos, zu retten.

  • Wie hoch waren die Verbindlichkeiten des Unternehmens im Vergleich zu dessen liquiden Mitteln.

  • In welcher Höhe kamen die Gläubiger tatsächlich zu Schaden.

Ein erfahrener Verteidiger wird die für Sie günstigen Umstände herausarbeiten und in der angemessenen ausführlichen Form darstellen.

Von erhöhter Relevanz ist im Zusammenhang mit Insolvenzstraftaten auch die Frage, ob weitere Straftaten, wie etwa Betrug oder Bankrott begangen wurden. Diese strafschärfenden Umstände müssen von der Verteidigung erfolgreich in die Nebensächlichkeit oder Einstellung gedrängt.

Vielen Richtern ist das sog. Nachtatverhalten des Angeklagten am wichtigsten. Wurde das Unternehmen z.B. mittels eines Strohmanns beerdigt, fand eine sogenannte Firmenbestattung statt oder war das Verhalten auch darauf ausgerichtet, den möglichen Schaden so gering wie möglich zu halten.

Eine geschickte Darstellung des Lebenssachverhaltes durch einen Strafverteidiger bringt die meisten Verfahren zur Einstellung, wodurch die wirtschaftliche Einbuße für den Beschuldigten so gering wie möglich gehalten, das BZR ist eintragungsfrei gehalten wird. Darüber hinaus liegen dann die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 3 a), b) GmbHG nicht vor, nach denen niemand Geschäftsführer sein darf, wer in den vergangenen fünf Jahren wegen vorsätzlicher Insolvenzstraftaten beurteilt worden ist.

Es lohnt sich daher die Beauftragung eines Verteidigers schon in einem sehr frühen Verfahrensstadium vorzunehmen, denn nicht jede gutgemeinte Einlassung des Beschuldigten wirkt sich für diesen positiv aus.

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